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1. Februar 2011

Zahnweh zeichnen

dental hypochondriac making a drawing of himself at eduscho coffee shop - wolfgang glechner
Auszuckender Zahnhypochonder bei Eduscho


GETEILTES LEID


Herr Franz sitzt fröhlich beim Bankett
Die Stimmung ist so richtig nett
Er prostet freundlich in die Runde
Daß allen auch das Essen munde
Und beißt dann herzhaft ohne Eile
In die gebratne Hühnerkeule

Auf einmal schreit er: „Au, verflucht!“
Und während er die Plombe sucht
Verzerrt sich schmerzhaft seine Wange
Und plötzlich weiß er voller Bange
Daß er – statt diesem Festgenuß
Sofort zu einem Zahnarzt muß
Da steht er jetzt vor Doktors Türe
Und wird schon Zeuge der Tortüre
Wie drinnen ohne jede Gnade
Man schadenfroh wie Herr de Sade
An fremden Qualen sich ergötzt
Herr Franz ist bis ins Mark entsetzt

(Geteiltes Leid verdoppelt Not
für den, dem bald das gleiche droht)

Schon macht er kehrt, jedoch zu spät
Weil jetzt partout die Tür aufgeht
Er wird, wenn er auch „Hilfe!“ plärrt
Auf den Behandlungsstuhl gezerrt
„Das Maul auf!“ ruft die Dokt’rin strenge
Und nimmt das scharfe Bohrgestänge

Schon heult der Motor, knirscht die Schneide
Der Bohrer winselt voller Freude
Es knackt der Zahn, der schon verwittert
Bis er in tausend Stücke splittert
Die Zange – furchtbar anzusehn
Sie packt nun zu - da hilft kein Flehn
Die Feder hält hier nicht mehr Schritt
Mit dem was nun der Ärmste litt
Drum Schnitt! Und weiter: Franz bedankt
Sich matt, als er zum Ausgang wankt
Dem Wahnsinn nah - denn noch viel schlimmer
Geht’s ihm nach diesem Folterzimmer

Dann - auf der Gasse - trifft er Ronte
Den er seit je nicht leiden konnte
„Wenn Dich“, rät er ihm, „Schmerzen quälen
Die Ärztin kann ich dir empfehlen!“
Sprach „Tschüß!“ und geht und sieht im Geist
Wie sie dem Ronte Zähne reißt

Sein Schmerz läßt nach (denn Gegengift
ist Leid, das nachher andre trifft)

 

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